Was bitte macht den Unterschied?

Foto vom 100pct. Olivenöl Kanister neben einem Herd

Ich stehe vor einem Regal in einem Discount-Supermarkt und betrachte das Etikett einer Halbliterflasche Olivenöl. Sortenreine Auslese aus Koroneiki Oliven, ein extra vergine Olivenöl aus Kreta, Griechenland. Der halbe Liter für 3,99 €.

Mein Bestand an Olivenöl von 100pct. ist aufgebraucht. Ich wohne leider nicht in Berlin und für Internet-Bestellungen blieb mir in der letzten Woche einfach keine Zeit. Und jetzt sitze ich auf dem Trockenen.

Was tun? Der halbe Liter konventionell hergestelltes Koroneiki Olivenöl von 100pct. kostet mehr, ganze 11,00 €.

Es ist nicht das erste Mal, dass mir das passiert. Die Gedankenkette von Überlegungen ist jedoch immer die gleiche. Wo kommt das Olivenöl vom Discounter eigentlich her? Bekommt der Bauer genug Geld für seinen Ertrag? Ich weiß, dass es in Griechenland keine großen Olivenöl-Produzenten gibt, die extensive Landwirtschaft betreiben und entsprechende Mengen produzieren. Das ist schon wegen der unzugänglichen, bergigen Landschaft kaum möglich. Die meisten sind Kleinbauern, deren Erträge in Kooperativen gesammelt oder direkt von Großhändlern abgenommen werden. Dass viele von ihnen ihr Olivenöl unter den Herstellkosten verkaufen, ist keine Seltenheit sondern die Regel. Wer einmal in abgeschiedeneren Regionen in Griechenland unterwegs war weiß, dass das Landleben dort vielleicht für uns Besucher romantisch ist, für die Bewohner jedoch die harte Realität bedeutet und die Umstände, unter denen dort zum Beispiel Arbeiter leben, dem Status von Drittweltländern entspricht. Und das in Europa, in unserer Zeit.

Das sind die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, während ich weiter überlege: Olivenöl ist ein Grundnahrungsmittel, für mich jedenfalls. Ich nehme ziemlich viel davon zu mir und benutze es täglich für mein Essen, denn ich koche mir eigentlich alles selbst. Das Dilemma geht also weiter in meinem Kopf. Mit der billigen Discounter-Flasche in meiner Hand. Das kann doch nicht so schlecht sein, dieses Olivenöl.

Ich lebe in der ersten Welt, in Deutschland, bin krankenversichert, aber als Freiberuflerin jeden Monat am Existenzlimit. Ich gehöre leider nicht zu den Menschen, die einkaufen können, ohne zu rechnen.

Ich bin müde und habe Hunger. Ich kaufe die Flasche.

Nach knapp zwei Wochen ist die Halbliterflasche fast leer. Bereits kurz nach dem Öffnen war der angenehme Geruch verschwunden. Auch beim Essen bemerke ich kaum noch das charakteristische Aroma von frischem Olivenöl. Ich ärgere mich. Wie jedes Mal wenn ich etwas vom Discounter kaufe. Billig, auf den ersten Blick ein guter Deal. Doch nichts von dieser Qualität hält, was sie verspricht. Wie auch, wenn der Verkaufspreis so niedrig ist? Wieviel Arbeit kann überhaupt in dieses Prdoukt für dieses Geld fließen? Wie schaffen es die Discounter, Olivenöl zu diesem Preis anzubieten?

Die Fragen häufen sich unweigerlich und ich ärgere mich weiter. Weil mir wieder bewusst wird, dass ich eine Meinung habe, eine Stimme und diese gebrauchen soll. Auch ich beuge mich der Bequemlichkeit, der schnellen Lösung. Aber wenn ich darüber nachdenke, sind es die guten, durchdachten Lösungen, über die ich mich jeden Tag freue.

Wenn ich an die Flasche von 100pct. Olivenöl denke, hat es mich jedes Mal gefreut, wenn ich sie benutzt habe. Der Duft, der Geschmack und dann das gute Gefühl, ein Olivenöl zu mir zu nehmen, bei dem ich weiß wo es herkommt, wer es macht und wo es hergestellt wird. Eine runde Sache. Mein Geld kommt da an, wo der Wert dieses Produkts geschaffen wird. Und dass die von 100pct. das Geld nicht schubkarrenweise nach Hause scheffeln, wurde mir bei meinem ersten Besuch am Marktstand in Berlin schon klar. Jeder mit einer gewissen betriebswirtschaftlichen Grundkenntnis weiß, dass alle kleinen Guerilla-Erzeuger und Händler eigentlich auf verlorenem Posten kämpfen, in der so-billig-wie-möglich geprägten Konsumwelt der großen Marken und Global Players. Aber wir haben alle die Wahl, eine Stimme und können uns gegen den Dumping Wahnsinn und die Irreführung der Konsumenten stellen. Das ist doch irgendwie das mindeste, was wir als Bewohner der ersten Welt und dann auch noch als Deutsche an Bewusstsein und Verantwortung mitbringen können.

Habe übrigens mein Geld zusammengelegt und mir einen Dreiliterkanister vom 100pct. Koroneiki Olivenöl gekauft.

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